Cover: Inklusionsorientiert Lehren und Lernen - Methodenkatalog für den Hochschulkontext

Inklusionsorientiert Lehren und Lernen - Methodenkatalog für den Hochschulkontext

Pferdekämper-Schmidt, Anne; Sartor, Teresa; Wilkens, Leevke; York, Jana


4. Methodenauswahl

 Anne Pferdekämper-Schmidt 1
 Teresa Sartor 1
 Leevke Wilkens 1
 Jana York 1


1 Rehabilitationswissenschaften, Technische Universität Dortmund, Dortmund, Germany

Leitfragen des Kapitels:

  • Wonach wähle ich Methoden aus dem Methodenkatalog aus?
  • Wie formuliere ich Lernziele?
  • Welche Methoden eignen sich für heterogene Lerngruppen?

Um die passende Methode aus dem Katalog auszuwählen, sollte zunächst das Lernziel der Sitzung, Einheit oder Übung definiert werden. Die Formulierung von konkreten Lernzielen ist nicht nur für die Teilnehmenden als Orientierung relevant, sondern vor allem auch für die Lehrenden ein unumgänglicher Bestandteil in der Lehrplanung.

Lernziele

Um Lernziele zu kategorisieren, wurden im Laufe der Zeit verschiedene Lernzieltaxonomien aufgestellt. Als bekanntestes Modell gilt hier die Bloomsche Taxonomie (1956, 1976) [1], welche 2001 von Anderson und Krathwohl [2] revidiert und weiterentwickelt wurde.

Tabelle 1: Lernzieltaxonomie von Anderson & Krathwohl, 2001 [2]

Stufe

Die Teilnehmenden können Inhalte / Sachverhalte …

1

Erinnern

reproduzieren

2

Verstehen

erläutern

3

Anwenden

nutzen und anwenden

4

Analysieren

vergleichen und unterscheiden

5

Evaluieren

beurteilen und überprüfen

6

Kreieren

nutzen, um Neues zu produzieren

Die Stufen des Modells unterscheiden sich in ihrer Komplexitität, diese vergrößert sich von Stufe 1 Erinnern bis Stufe 6 Kreieren. Die Stufe bzw. das Lernziel sollte in seiner Komplexität stets an den Kompetenzstand bzw. den Fähigkeiten der Lerngruppe angepasst sein, sodass das Lernziel auch realistisch zu erreichen ist.

 

Dazu können Lernziele beispielsweise nach der „SMART-Regel“ [3] formuliert werden: Ein Lernziel sollte …

  • spezifisch,
  • messbar,
  • attraktiv/akzeptiert,
  • realistisch und
  • terminiert sein.

Das Lernziel ist also für die Teilnehmenden präzise und eindeutig formuliert, sodass es keinen Interpretationsspielraum zulässt (spezifisch). Ebenso sollte erkennbar sein, wann das Lernziel erreicht ist (messbar). Das Lernziel sollte von allen Personen der Lerngruppe angenommen werden (akzeptiert) und sein Erreichen realistisch sein. Zuletzt sollte es einen Endtermin geben, wann das Lernziel erreicht sein sollte (terminiert).

Zur Überprüfung, ob ein Lernziel diese Kriterien erfüllt, können sich folgende Fragen gestellt werden:

  • Ist das Lernziel präzise formuliert?
  • Woran ist zu erkennen, dass das Lernziel erreicht wurde?
  • Ist es attraktiv, das Lernziel zu erreichen und sind alle damit einverstanden?
  • Ist das Lernziel realistisch zu erreichen?
  • Gibt es eine Frist für das Erreichen des Lernziels? 

Satzanfänge und -beendigungen wie Am Ende der Einheit/ Übung sind die Teilnehmenden in der Lage […] zu erläutern oder Am Ende des Semesters/ Jahres können die Teilnehmenden […] anwenden und beurteilen können bei der Lernzielformulierung helfen.

Beispiel-Lernziele des Methodenkatalogs

 

  1. Die Leser*innen des Methodenkatalogs wissen, welche Methoden sich für eine inklusionsorientierte Lehre eignen und nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden können.
  2. Die Leser*innen des Methodenkatalogs kennen Unterstützungsmöglichkeiten für die Gestaltung barrierefreier Lehr-Lern-Inhalte.
  3. Die Leser*innen des Methodenkatalogs begleiten und fördern heterogene Lerngruppen.

 

Sobald klare Lernziele formuliert sind, können die zu verwendenden Methoden darauf abgestimmt und ausgewählt werden. Die zentrale Frage bei der Auswahl der Methoden sollte lauten: Welche Methoden helfen dabei das Lernziel zu erreichen?

Neben der Abstimmung der Methode auf das Lernziel sollte die Auswahl an die Lerngruppe angepasst sein. Bezugnehmend auf die erläuterten Grundlagen im Kapitel Inklusion zum Thema Heterogenität sollte bei der Methodenauswahl stets im Blick behalten werden, dass sich innerhalb einer Lerngruppe verschiedene Teilnehmende mit individuellen Bedürfnissen sowie unterschiedlichen Lernstrategien und bevorzugten Wahrnehmungskanälen befinden. Um sich bei der Methodenwahl an den Lernbedürfnissen zu orientieren, sind die Methoden mit drei Kategorien der Wahrnehmung gekennzeichnet: Die Methode ist visuell, auditiv und/oder kinästhetisch angelegt.Die Methoden können und sollen nach Belieben an die jeweilige Lerngruppe angepasst werden:

 

Tabelle 2: Anpassungsbeispiele der Methoden auf individuelle Bedürfnisse der Lerngruppe

Welche Methode?

Eignet sich ohne Anpassung zum Beispiel nicht für Teilnehmende mit …

Anpassungsbeispiel

visuell

einer Sehbeeinträchtigung

Umsetzung des Materials in Punktschrift, Großschrift oder Audiotranskription / -deskription

auditiv

einer Hörbeeinträchtigung

Aufbereitung des Materials in schriftlicher Form

kinästhetisch

einer körperlichen / motorischen Beeinträchtigung

Bewegungsaspekte an die motorischen Fertigkeiten der Teilnehmenden anpassen; wenn möglich durch verbale Signale ersetzen

 

Nach der Anwendung einer Methode sollte eine Evaluation erfolgen, ob sie den Lernbedürfnissen der Gruppe entspricht und, ob das Lernziel anhand dieser Methode erreicht werden konnte. Methoden hierzu finden Sie unter der Rubrik Feedback- und Evaluationsmethoden. Alle Methoden sind als Einzel- und/oder Gruppenarbeit möglich.


Aufbau der Methoden

Die Methoden sind nach folgendem Schema aufgebaut

Ziel

Vorschläge für Ziele und Einsatzmöglichkeiten der jeweiligen Methode; viele Methoden lassen sich vielfältig einsetzen und abwechslungsreich adaptieren

 

Sozialform und Gruppengröße

Vorschläge für mögliche Gruppengrößen; Einzel: Arbeit alleine, in Stillarbeit; Paar: Arbeit zu zweit, als Murmelgruppe; Kleingruppe: kleinere Gruppen von drei bis ca. zehn

Personen; Plenum: Arbeit in der gesamten Lerngruppe, von Seminargröße bis beispielsweise Vorlesung

 

Taxonomie

Beschreibung der Taxonomie einer Methode, so dass zur barrierefreien Gestaltung möglichst viele, in der Regel zwei Sinneskanäle angesprochen werden

 

Material

Vorschläge für Materialien; je nach Umsetzung können diese variieren bzw. sind nicht alle Materialien notwendig; Teilweise finden sich hier Vorschläge für Arbeitsblätter und/oder Kopiervorlagen

 

Zeitumfang

Angabe zur durchschnittlichen Dauer einer Methode; die Dauer ist meist abhängig von gewählter Sozialform und Gruppengröße

 

Durchführung

Angabe der jeweiligen Schritte bei der Durchführung, die die Moderator*innen berücksichtigen oder in Arbeitsblättern aufgeführt werden sollten. Teilweise finden sich hier Vorschläge zur Formulierung von Fragen oder Impulsen

 

Variationen

Vorschläge für mögliche Variationen in der Durchführung zur Anpassung an die jeweilige Lerngruppe

 

Weiterarbeit

Vorschläge zur weiteren Arbeit mit den Ergebnissen im Veranstaltungsverlauf. Unabhängig von der Weiterarbeit werden die Arbeitsergebnisse für alle Teilnehmenden zugänglich gesichert (beispielsweise auf einer Lernplattform)

 

Zum Nachlesen

Literaturhinweise und Quellen

 

 


References

[1] Bloom, Benjamin Samuel, Engelhart, Max D., Furst, Edward J., Hill, Walker H., Krathwohl, David R. (Hrsg.). (1956). Taxonomy of Educational Objectives. The Classifi-cation of Educational Goals, Handbook I: Cognitive Domain. New York: David McKay Company, Inc.
[2] Anderson, Lorin W., Krathwohl, David R. (2001). A Taxonomy for Learning, Teaching and Assessing: A Revision of Bloom’s Taxonomy of Educational Objectives: Complete Edition. New York: Longman.
[3] Schels, Ignatz (2008). Projektmanagement mit Excel 2007. Projekte budgetieren, planen und steuern (Business & Computing). München: Addison-Wesley.